Mein erster Segeltörn als Skipper Teil 2 – Ostsee 2023 – die ersten Tage an Bord
In Teil eins meines Berichtes über die Ostsee-Charter 2023 hast du gesehen, wie ich mich auf die erste eigene Reise vorbereitet habe. Dort habe ich auch von der Planänderung in letzter Minute berichtet. Hier nun der zweite Teil des Törn-Berichtes, in dem es endlich aufs Wasser geht. Darin wirst du von der Bootsübergabe und den ersten Seemeilen Lesen, aber auch von Seekrankheit und Starkwind. Viel Spaß!
Samstag: Ankunft, Bootsübergabe und Proviant
Am Samstag, dem Tag der Anreise, stieg ich morgens um sechs Uhr in den Zug nach Hamburg ein und vertiefte mich gleich in das neue Segelrevier. Keine 24 Stunden vorher hatte ich vom Vercharterer erfahren, dass wir statt einer Etap 24i eine Etap 26i haben werden. Diese lag auch nicht in Schleswig auf der Schlei, wie ursprünglich geplant. Unser „Heimathafen“ war jetzt Burgtiefe auf der Insel Fehmarn. Die Zugfahrt stand also ganz im Zeichen von Wind- und Wettervorhersagen, Kennenlernen des Hafens und Törnplanung. Für die Überprüfung von Wind und Wetter verwendete ich die Apps Windy und Windfinder. Den Link zu beiden findest du weiter unten.
Angekommen in Hamburg wurde ich von meinem Mitsegler und Kumpel Robert empfangen. Von da aus ging es mit dem Auto weiter nach Burgtiefe auf Fehmarn. Burgtiefe an sich ist ein schöner Hafen, wenn auch für meinen Geschmack etwas zu modern und gut ausgestattet. Ich hatte mich ein Jahr zuvor bei meinem SKS-Praxistörn in die kleinen dänischen Häfen verliebt, bei denen ein Pizza-Automat, wie er in Burgtiefe steht, undenkbar wäre.
Nach der Ankunft hieß es, Boot und Vercharterer zu finden. Dabei bringt es wenig, den Hafen rauf und runter zu laufen und von der Promenade aus zu versuchen, den Bootsnamen irgendwo zu erkennen. Der Hafenmeister ist hier die erste Anlaufstelle. Er kennt die Vercharterer in seinem Hafen und zeigt dir, wo deren Schiffe liegen.
Tipp Nr. 1
Bei Fragen im Hafen, fragt den Hafenmeister. Er (oder sie) hat den Überblick und hilft gerne.
Nachdem wir das Boot gefunden hatten und freundlich begrüßt wurden, stand die Bootsübergabe an. Der Vercharterer hatte dazu schon eine Checkliste, die auch Teil des Übergabeprotokolls war. Ich hatte selbst eine kleine Liste von Punkten aufgestellt, die ich mir bei der Übergabe unbedingt anschauen und erklären lassen wollte. Darauf befanden sich Fragen zum Motor und zur Elektronik, zur Gasanlage und der Toilette. Diese Liste stelle ich gerne weiter unten zum Download bereit. Sie wird im Laufe der Jahre sicher noch erweitert und konkretisiert. Wichtig ist, dass man keine Angst hat, dumme Fragen zu stellen. Unser Vercharterer war sehr freundlich und geduldig. Er zeigte uns alles, was wir sehen wollten und beantwortete alle Fragen. Nach der Übergabe der Kaution und der Unterschrift unter dem Übergabeprotokoll, hatten wir es geschafft. Das Boot war für eine Woche in unseren Händen.
Tipp Nr. 2
Bei der Bootsübergabe gibt es keine dummen Fragen. Lieber nachgefragt als später bereut.

An diesem Abend wollten wir nicht mehr rausfahren und so ließen wir den Einkauf des Wochen-Proviants langsam angehen. Im nahegelegenen Rewe kauften wir viel zu viel ein und ließen stolze 140 Euro da – Touri-Bonus nehme ich an. Natürlich hatten wir am Ende der Woche noch etwas Essen übrig, was wir dann unter uns aufteilten. Aber es war ja schließlich auch Urlaub für uns und da lässt man es sich bekanntlich gut gehen. Zum Abendessen gönnten wir uns in Burg (eine Stadt nahe des Hafens, in der es von Touristen nur so wimmelte) noch eine Pizza an Land. Anschließend fuhren wir zum Boot zurück, um unsere erste Nacht auf dem Wasser (ja, im Hafen, aber da ist ja auch Wasser) zu verbringen.
Sonntag: Burgtiefe nach Großenbrode – Einsegeln und unsicheres Anlegen
Der Sonntag, unser erster Segeltag, stand ganz im Zeichen des Kennenlernens unserer „Endless Summer“. Nach der üblichen Einweisung und der Kontrolle von Luken und Leinen, der Maschine und der Ventile, waren wir startklar. Unter Motor fuhren wir aus dem Hafen und kreuzten erst einmal südlich von Fehmarn. Wir fuhren alle Manöver mehrmals und lernten so das Boot kennen. Auch die Funktionsfähigkeit aller Geräte wurde überprüft.

Bei schwachem bis mäßigem Ostwind segelten wir dann einen Südwest-Kurs in Richtung Großenbrode. Für den ersten Tag hatten wir uns nicht viel vorgenommen. Der Plan war, in der Marina Großenbrode in einer Box anzulegen. Bis zur Hafeneinfahrt klappte auch alles wie gedacht. Wir nahmen rechtzeitig die Segel runter und tuckerten gemütlich unter Motor auf den Hafen zu. Natürlich wurden wir von schnelleren Booten überholt. Das störte uns aber nicht besonders.
Als wir in das Hafenbecken einliefen und nach einem Platz für unser Boot suchten, wurde es dann doch etwas unentspannt. Ich machte den Fehler, bei der Auswahl einer geeigneten Box nicht auf die Windrichtung zu achten. Der Wind hatte mittlerweile nach Südost gedreht und in die Box meiner Wahl liefen wir mit Wind von Achtern (hinten) ein. Da uns der Wind also in die Box drückte und wir di Geschwindigkeit nicht selbst kontrollieren konnten, wurde es hektisch auf dem Boot. Glücklicherweise hatten wir tatkräftige Unterstützung vom Steg. Alles ging glimpflich aus und wir machten die „Endless Summer“ fest. Nach kurzer Rücksprache mit dem Hafenmeister mussten wir den Liegeplatz dann nochmal wechseln. Ich lernte aus meinen Fehlern und wählte jetzt eine Box, in die wir gegen den Wind einfahren konnten. Wie zu erwarten war, lief das viel einfacher und ruhiger ab.
Tipp Nr. 3
Wenn möglich immer gegen den Wind anlegen, um mehr Kontrolle über das Boot zu haben.
Nach so viel Aufregung erkundeten wir noch den Hafen. Wir entrichteten die Liegegebühr und ließen und zum Abendessen Bratkartoffeln mit Rührei schmecken. Alles in allem war es ein toller erster Segeltag. Wir hatten das Boot kennengelernt, sind ein paar Seemeilen gefahren und habe Erfahrung gesammelt. Auch der Spaß kam nicht zu kurz und als wir abends in der Kajüte saßen, planten wir voller Vorfreude den nächsten Tag.
Montag: Großenbrode nach Burgtiefe – Seekrankheit und ein großer Schritt
Am Montag sollte es dann eigentlich weiter nach Süden Richtung Hafen Grönitz gehen. Allerdings hatte sich der Wind in der Nacht weitergedreht und wehte uns nun direkt entgegen. Wir versuchten, gegen den Wind anzukreuzen, doch unsere Etap kam nicht hart genug an den Wind. Es lohnte sich nicht, die Mühe auf sich zu nehmen, um letztlich nur auf der Stelle zu segeln. Zusätzlich kündigte der Wetterbericht für Dienstag Starkwind an. Ich traf als Skipper die Entscheidung, den Kurs zu ändern und die Segel auf einen Raumschot-Kurs in Richtung Burgtiefe zu setzen.
Um die Mittagszeit packte uns dann noch beide die Seekrankheit. Da wenig Schiffe unterwegs waren, konnten wir uns an der Pinne allerdings gut abwechseln. So hatte jeder Zeit, sich um seine „Angelegenheiten“ zu kümmern. Ich beging den Fehler, eine Tablette gegen Reiseübelkeit noch zu nehmen, als mich diese schon voll im Griff hatte. Das hatte zur Folge, dass mein Zustand in der nächsten Stunde zwischen leichter und starker Übelkeit hin und her schwankte. Robert ging es mittlerweile glücklicherweise besser und er konnte mir einige Arbeit abnehmen. Der Seekrankheit werde ich vermutlich noch einen eigenen Blogeintrag widmen, da es hier einige Tipps gibt, wie man diese vorbeugt oder zumindest glimpflich übersteht.
Tipp Nr. 4
Nimm Reisetabletten rechtzeitig vorher ein, nicht erst, wenn dir schon übel ist. Halte dich dabei an die Anleitung.

Als es mir wieder besser ging, fuhren wir ohne Zwischenfälle in den Hafen und in unsere Box ein. Das Anlegemanöver klappte zu unserer Freude sehr gut. Wir zogen uns, wie beim SKS gelernt, mit einer Achterspring rückwärts in die Box und drehten uns dabei um den Dalben. Bei Interesse kann ich dieses Anlegemanöver gerne versuchen, genauer zu beschreiben. Für uns ist es seit diesem Tag das Manöver der Wahl, wenn wir mit dem Heck voran in eine Box wollen.
Schon an Land riss dann die Sprayhood auf der einen Seite aus. An der Stelle war sie schon einmal geflickt worden und daher gab es keinen Ärger mit dem Vercharterer, der den Hafen mit seinen Segelschülern zur gleichen Zeit anlief. Einzige Auswirkung auf uns: Ab jetzt waren wir ohne Sprayhood unterwegs. Das störte uns allerdings nicht.
Am Abend betrachteten wir bei einem Teller Dosenravioli gespannt den Wetterbericht für den nächsten Tag. Starkwind mit sechs bis sieben Beaufort, in Böen acht, war angesagt und dieser sollte uns am Dienstag auch erwarten.
Dienstag: Burgtiefe – Hafentag wegen Starkwind
Bei Windstärke sechs und Böen bis zu acht Beaufort stand für uns fest, dass dies ein Hafentag werden würde. Auf der einen Seite sehr schade, denn das hieß einen Tag weniger Segeln für uns. Andererseits gab es in Burg auch einiges zu sehen. Als wir gegen sieben Uhr an Land gehen wollten, um die sanitären Einrichtungen zu besuchen, gab es allerdings erst einmal eine Überraschung. Der Wind hatte einiges an Wasser aus dem Hafen gedrückt. Deshalb mussten wir einen ordentlichen Schritt machen, um vom Boot auf den Steg zu kommen. Bei zusätzlichem Nieselregen und starkem Wind war das nicht ganz ungefährlich.
Um aus dem Tag noch das Beste herauszuholen, besuchten wir das U-Boot-Museum in Burg samt Begehung des dort liegenden U-Bootes U11. Dieses wurde 1968 in Dienst gesetzt und gehörte bis 1998 dem 1. U-Bootgeschwader an. 1988 wurde es mit einer zweiten Hülle ausgestattet und konnte von da an als Übungsziel der Deutschen Marine fungieren, da es nun vor Torpedotreffern geschützt war. Ja, tatsächlich, auf dieses U-Boot schoss man absichtlich Torpedos ab, bei voller Besetzung. Neun Euro für Erwachsene kostete die Museumsbesichtigung und die U-Boot-Begehung. Insgesamt kann ich einen Besuch für U-Boot-Fans und Marine-Begeisterte durchaus empfehlen.

Danach stand für uns der Besuch des Seenotrettungsmuseums an, welcher mich noch weit mehr beeindruckt hat. Das Museum selbst ist zwar klein, aber es zeigt durch seine Exponate sehr anschaulich, wie wichtig die Arbeit der Seenotretter ist. Kurze Filme zeigten die Geschichte der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger und den Ablauf einer Such- und Rettungsaktion. Teilweise waren wir sehr ergriffen von den Schilderungen und bekamen Gänsehaut bei dem Gedanken, dass so auch nach einem Segelboot in Not gesucht werden würde. Da spendeten wir gerne ein paar Euro mehr als nur das Eintrittsgeld. Am Schluss haben wir sogar noch den Seenotkreuzer Arwed Emminghaus besichtigt, der nach einem der Gründer der DGzRS benannt wurde und bis 2006 im Dienst war.
Auf dem Weg zurück zu unserer „Endless Summer“ war ein Fischbrötchen natürlich Pflicht. Alles in allem war es doch ein gelungener Tag an Land. Trotzdem hatten wir Lust, am Mittwoch mit unserer Etap wieder in See zu stechen. Doch davon mehr im dritten Teil meines Törn-Berichtes.
Plan vs. Realität
Wir haben in diesen ersten Tagen sicher nicht alles geschafft, was auf unserem Plan stand. Wir konnten nur einen zusätzlichen Hafen anlaufen und mussten sogar einen Tag an Land verbringen. Zufrieden mit der ersten Wochenhälfte waren wir dennoch. Wir hatten uns Zeit gelassen, haben das Boot kennengelernt und meine Entscheidungen als Skipper, selbst die nicht so guten, haben uns in keine größeren Schwierigkeiten gebracht.
Hättest du anders gehandelt? Wärst du bei Starkwind vielleicht doch rausgefahren, zumindest um vor der Insel ein wenig Praxiserfahrung zu sammeln? Teile deine Gedanken gerne mit mir und den anderen Lesern unten in den Kommentaren.
Im dritten Teil des Törn-Berichtes Ostsee 2023 haben wir weiterhin mit dem Niedrigwasser zu kämpfen, verbringen tolle Stunden auf dem Wasser und lernen die Tücken der Landabdeckung kennen. Ich würde mich freuen, wenn du dabei bleibst und wir uns bei diesem Blogbeitrag wiedersehen.
Ahoi und bis bald!
Links:
„U11“ U-Boot Museum Fehmarn (https://www.ostsee-u-boot.de/)
Seenotrettungsmuseum Fehmarn (https://www.seenotrettungsmuseum-fehmarn.de/)
Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (https://www.seenotretter.de/)