Wie ein perfekter Hafen (für mich) aussieht
Kaum ein Thema wird unter Seglern so oft diskutiert wie die Marina. Kein Wunder, hier verbringt man einen beträchtlichen Teil des Segeltörns, wenn man nicht gerade ankert. Läuft die Crew nach einem anstrengenden Tag auf See vollkommen verschwitzt oder bis auf die Haut durchnässt in einen Hafen mit guter Infrastruktur ein, kann das allein für alle Strapazen entschädigen.
Natürlich hat jeder andere Vorlieben. Auch unterscheiden sich die Erfahrungen von Segler zu Segler. Je nachdem, in welchem Segelrevier man unterwegs ist, lernt man verschiedene Häfen kennen. Ich habe meine Segelerfahrungen zum Beispiel vor allem in der Ostsee gemacht. Daher eine Vorwarnung: Dieser Beitrag wird dir den perfekten Hafen aus meiner Sicht zeigen. Ich werde erklären, was ich mag und was nicht. Ich schöpfe dabei aus einer zugegeben sehr begrenzten Erfahrung.
Umso mehr freue ich mich bei diesem Beitrag auf die Kommentare. Dort kannst du gerne deine Meinungen und deine Erfahrungen teilen. Vielleicht verrätst du ja sogar einige deine Lieblingshäfen und Geheimtipps.
Meine Hafen-Routine nach dem Anlegen
Wie so oft ist auch bei Häfen der erste Eindruck entscheidend. Oft hat man vorher ja nur im Hafenführer gelesen oder, wenn man es ganz genau wissen wollte, die Google-Rezensionen durchstöbert. Ich habe eine Routine, die sich nach dem Anlegen in einem neuen, unbekannten Hafen immer abspielt. Sie gibt mir einen ersten guten Überblick.
1. Klar Schiff machen
„Klar Schiff machen“ ist nicht ohne Grund ein Synonym dafür, aufzuräumen und das Chaos zu beseitigen. Beim Anlegemanöver ist auf dem Segelboot viel los. Vor allem bei schwierigen Windverhältnissen im Hafen bleibt keine Zeit, alles zu verstauen und an seinen gewohnten Platz zurückzulegen. Nach dem Anlegen sieht es dann auf Deck oft chaotisch aus. Da heißt es erst einmal alle Leinen festmachen und aufschießen. Die Navigationsinstrumente werden ausgeschaltet. Das Landstromkabel wird gelegt und die Rettungswesten verstaut.
2. Die Liegeplatzgebühr bezahlen.

Ist das Schiff wieder in einem vorzeigbaren Zustand, führt mich mein erster Weg meist zum Büro des Hafenmeisters. Dort zahle ich die Gebühr für den Liegeplatz. Das hat den Vorteil, dass ich am nächsten Morgen selbst bestimmen kann, um welche Uhrzeit das Segelboot wieder ausläuft. Erst auf den Hafenmeister warten zu müssen, frisst sonst zu viel Zeit. Falls man Fragen hat, kann man diese ebenfalls gleich loswerden. Gerade in den Herbstmonaten und bei kleineren Häfen kann es aber vorkommen, dass man niemanden mehr antrifft, wenn man nach 16 Uhr einläuft. Daher, direkt nach dem Anlegen zum Hafenmeister und Daumen drücken.
3. Die sanitären Einrichtungen finden.
Wenn man dann schon einmal in Hafen unterwegs ist, können gleich die sanitären Einrichtungen erkundet werden. So weiß man später, wo man diese findet. Nichts ist ärgerlicher, als Abends im Dunkeln auf der Suche nach den Toiletten herumzuirren. Leuchtet man dabei noch mit seiner Kopf- oder Taschenlampe in fremde Boote, haben alle was davon.
4. Beim Anlegerbier fachsimpeln und die Natur genießen.
Nachdem die Crew wieder vollständig zurück an Bord ist und alle ihre dringendste Notdurft verrichtet haben, ist es Zeit für das Anlegerbier. Je nach Gegebenheiten im Hafen beobachte ich dabei die schöne Natur oder das Treiben auf dem Steg. Jetzt kann man mit der Crew den Tag auch nochmal Revue passieren zu lassen. Wenn es passt, genießt man dabei sogar die blaue Stunde gemeinsam.
5. Den Hafen erkunden.
Der letzte, feste Punkt in der Anlege-Routine ist meist das gemeinsame Erkunden des Hafens und, wenn vorhanden, des angrenzenden Ortes. Ich halte Ausschau nach Möglichkeiten, Lebensmittel einzukaufen. Auch mit der Lage und den Öffnungszeiten des Bäckers mache ich mich vertraut. So entfällt am nächsten Morgen unnötiges Suchen und man ist nicht enttäuscht, wenn man in der Hoffnung auf frische Brötchen vor verschlossenen Türen steht. Vielleicht findet man ja sogar ein kleines Lokal für ein schönes Abendessen an Land.
Technik im Hafen – Fluch oder Segen
Im 2022 hatte ich auf einem zweiwöchigen Segeltörn den direkten Vergleich zwischen den modernen deutschen Häfen der Kieler Bucht und den kleinen, idyllischen Häfen der dänischen Südsee. Was soll ich sagen? Mir haben Lyø, Søby und Ærøskøbing viel besser gefallen als Damp, Laboe und Olpenitz. Das lag nicht nur an der Natur und der Abgeschiedenheit. Auch die moderne Technik brachte mich manchmal um den Verstand. Während in den kleinen Häfen Dänemarks die sanitären Einrichtungen oft frei zugänglich waren, musste man sich in Deutschland mit Karten, Marken und Transpondern herumärgern.
Ja, vielleicht vergleiche ich hier Äpfel mit Birnen. Die dänischen Häfen haben nicht einmal einen Bruchteil der Kapazität, die man in Olpenitz oder Schilksee findet. Trotzdem komme ich nicht umher mich zu wundern, wie oft die angepriesene moderne Technik unserer Crew Probleme gemacht hat. Ein besonderes Erlebnis hatten wir im Yachthafen Damp. Dieser ist mit Bezahl-Terminals ausgestattet. Dort kann ein Besucher jederzeit seine Liegegebühr bezahlen. Man geht einfach zu dem Automaten, tippt in das Touchpad die den Steg und die Nummer der Box ein, in der man liegt. Dann fehlt noch die Länge des Schiffes und schon wird ein Preis errechnet. Bezahlt werden kann in Bar oder mit Karte. Soweit zumindest die Theorie. Klingt doch einfach und praktisch, oder? Natürlich bringen solche Terminals Vorteile. Man ist nicht an die Zeiten des Hafenmeisters gebunden. Auch die Zahlung per Kreditkarte ist bequem.
Um allerdings in den Genuss all dieser Vorteile zu kommen, ist eines sehr wichtig. Der Automat muss funktionieren. Nachdem unsere SKS-Crew im September 2022 in Damp angelegt hatte, führte uns unser erster Weg gemeinsam zum Automaten. Die Bordkasse hatten wir dabei, Kreditkarte auch. Leider ließ es das Touchpad (Feld zum Berühren des Bildschirms) nicht zu, dass wir den Buchstaben unseres Stegs und die Nummer unserer Box eingaben. Genau an der Stelle, an der der Buchstabe auf dem Display angezeigt wurde, funktioniert das Berührungsfeld leider nicht. Nach fünfzehn Minuten wilden Herumdrückens, mehrmaligem Neustartens und leisem Verfluchen der Technik zogen wir wieder ab. Dann musste es am nächsten Morgen doch das Büro des Hafenmeisters sein.

An einem anderen Hafen waren die Stege mit Gittertüren von der Hafenpromenade abgetrennt. Diese Türen konnten mit Transpondern aufgesperrt werden. Bei einer großen Crew und nur einem Transponder je Schiff ist das schon nicht so einfach. Es müssen schließlich nicht alle gleichzeitig ihre Notdurft verrichten. Wenn der Transponder dann aber nur in einem von fünf Versuchen funktioniert und man nach jedem Versuch warten muss, bis sich das Schloss zurücksetzt, wird das Ganze wirklich zum Ärgernis.
Natürlich können technische Probleme ab und zu mal auftreten. Ich will die moderne Technik im Hafen auch nicht verteufeln. Meine persönliche Vorliebe sind aber Häfen, bei denen alles ruhig, gelassen und „mechanisch“ vonstatten geht, auch wenn das manchmal heißt, auf den Hafenmeister warten zu müssen und Bargeld bereitzuhalten.
Sanitäre Einrichtungen im Hafen
In 2022 führte uns unsere Reise auch in den Bootshafen Olpenitz. Dieser wirbt auf seiner Internetseite mit „maritimen Flair der Extraklasse“. Als wir unsere Willing 31 an der Mole vorbei Richtung Hafen steuerten, erkannten wir auch, warum. Dort steht, wie zur Begrüßung der Boote aufgereiht, ein exklusives Ferienhaus am anderen. Die meisten sind in dem derzeit modernen „eckigen“ Stil errichtet. Das mag einigen gefallen, meiner Meinung nach sieht das allerdings recht unpersönlich aus und wirkt auf der schönen Küstenlinie fehl am Platz.

Der Hafen selbst erscheint sehr aufgeräumt, sauber und modern. Das Hafenbüro war, wie die Toiletten, Duschen und Wäscheräume, in kleinen, bunt angestrichenen Häuschen auf einem breiten Steg gelegen. Es war Ende der Saison und wir liefen etwas spät in den Hafen ein. Daher wunderten wir uns nicht, keinen Hafenmeister mehr anzutreffen. Leider hieß das auch, auf die Zugangskarte zu den Duschen zu verzichten. Ärgerlich aber soweit kein Drama. Wir haben dann allerdings festgestellt, dass auch die Toiletten nur mit der Zugangskarte benutzt werden konnten. Das war nach einem langen Tag auf See schon ein Schlag ins Gesicht und hat diesen Hafen auf den letzten Platz meiner Rangliste katapultiert.
Wie man sich vorstellen kann, bekamen wir unsere Karte erst am nächsten Morgen. Natürlich nur eine Karte für fünf Personen, wir erwarteten nichts anderes. Da hieß es dann brav vor der Tür zur Dusche warten, bis der andere rauskommt.
In dänischen Häfen habe ich andere Erfahrungen gemacht. Hier sind die sanitären Einrichtungen manchmal etwas weiter von den Liegeplätzen entfernt. Sie sind auch oft weniger komfortabel als in Deutschland. Bei der Sauberkeit nehmen sich beide Ländern nicht. In Dänemark kann man die Toiletten allerdings oft ohne Zugangsbeschränkung betreten. Wir besuchten sogar in einem Hafen, in dem (zumindest in der Nebensaison), das Duschen kostenlos war. Ich brauche keine Hightech-Duscharmaturen. Auch moderne Zugangskarten sind mir nicht wichtig. Wenn bei den Hafengebäuden an ein paar Stellen die Farbe abblättert, schaue ich gerne darüber hinweg. Saubere sanitäre Einrichtungen mit freiem Zugang reichen mir nach einem langen Tag auf dem Wasser vollkommen aus.

Umgebung und Ausstattung
Neben den sanitären Einrichtungen gibt es in den Häfen natürlich noch mehr zu entdecken. Hier scheiden sich nach meiner Erfahrung die Geister. Deutsche Häfen haben meist eine gut ausgebaute Infrastruktur. Die Versorgung mit Lebensmitteln ist sichergestellt. Viele Marinas haben Dienstleister für Reparaturen oder Läden mit Bootszubehör direkt vor Ort. Beinahe jeder Hafen ist mit einem Restaurant ausgestattet. Dort können sich die hungrigen Seeleute nach einem anstrengenden Segeltörn die Bäuche vollschlagen.
Im Gegensatz dazu habe ich dänische Häfen erlebt, in denen gerade in der Nachsaison nichts mehr los war. Dort fiel es schon schwer, einen Bäcker zu finden. Vom Hafen von Lyø bin ich an einem Morgen bei strömendem Regen zehn Minuten in das angrenzende Dorf gelaufen, um beim dortigen Købmandsgaard, einer Art Tante-Emma-Laden, frische Brötchen für die Crew zu besorgen. Als ich bei der netten älteren Verkäuferin nach zehn Brötchen fragte, lächelte sie nur und erklärte mir, sie habe nur vier. Es sei ja Nebensaison und da wäre nicht zu erwarten, dass sie an jedem Morgen zehn Brötchen verkaufen könne. Halb so schlimm. An Bord wurden die Brötchen geteilt und dazu Brot gegessen.
In dänischen Häfen habe ich noch etwas gefunden, dass es so in deutschen Häfen nicht so häufig gibt. Die Rede ist von beheizten Gemeinschaftsräumen, die teilweise sogar mit Küchen ausgestattet sind. Stell dir vor, du warst den ganzen Tag im Regen draußen auf dem Wasser. Deine Segelklamotten sind total durchnässt. Frierend legst du an einem kleinen Hafen an und du fragst dich, warum du dir das Ganze eigentlich antust. Kommt dir das bekannt vor? Und jetzt stell dir vor, du betrittst mit mit deiner Crew in einen großen warmen Raum, ihr hängt eure Sachen zum Trocknen auf, öffnet euer Anlegerbier und fangt an, gemeinsam ein heißes und reichhaltiges Abendessen zu kochen. Das alles natürlich vollkommen kostenlos. Kein Wunder, dass man da nicht lange alleine bleibt und sich schnell andere Segler dazugesellen. Einfach schön.
Zuletzt muss ich noch meine Meinung zur Natur in den Häfen loswerden. Die deutschen Häfen, die ich bisher angelaufen habe, zeichneten sich durch moderne Gebäude, gute Verkehrsanbindung und saubere Strandpromenaden aus. Das hat etwas für sich, keine Frage. Aber auch die dänischen Häfen haben ihren Charm. Sie sind idyllisch, sehr ruhig und manchmal eher rustikal (im positiven Sinne). Da kann es Ende September durchaus vorkommen, dass nur eine Hand voll Schiffe im Hafen tatsächlich besetzt sind. Touristen sieht man nur selten, dafür aber wunderschöne Flora und Fauna. Für mich steht fest, ich ziehe einen einsamen, ruhigen Hafen im Grünen einem touristischen Erholungsgebiet mit schicken Restaurants jederzeit vor.

Was können wir als Segler selbst dazu beitragen, dass Hafenerlebnis für alle zu verbessern?
Vielleicht hast du jetzt den Eindruck gewonnen, dass ich nur auf den deutschen Häfen herumhacke. Damit hast du nicht ganz Unrecht. Meine Meinung zu dem Thema ist sehr subjektiv und beruht nur auf den Häfen, die ich bisher gesehen und den Erfahrungen, die ich gemacht habe. Ich lasse mich auch gerne überraschen und vom Gegenteil überzeugen. Auch die Deutsche Nord- und Ostseeküste hält sicherlich ihre Schmuckstücke bereit. Wenn ich meine Meinung ändere, bist du der erste, der es in diesem Blog erfährt. Versprochen.
Ein Hafen ist nur das, was man selbst daraus macht. Für ein schönes Hafenerlebnis müssen die Sportbootfahrer ihren eigenen Beitrag leisten. Das fängt bei der Sauberkeit an. Die Vermeidung von nächtlicher Belästigung der anderen Schiffe durch zu laute Musik gehört auch dazu. Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft sind ebenfalls wichtig. Nur so fühlen sich alle in der Marina wohl. Daher ist es mir ein Anliegen, dass wir als Segler und Sportbootfahrer gemeinsam dafür sorgen, uns selbst und anderen einen schönen Aufenthalt im Hafen zu gestalten.
So, und jetzt Feuer frei. Wie sieht für dich der perfekte Hafen aus? Welches ist dein Lieblingshafen und warum? Welche Erfahrungen (gute und schlechte) hast du schon gemacht. Ich brenne darauf, von deinen Erlebnissen zu lesen. Also schnell zum Kommentarbereich weiter unten und HAU IN DIE TASTEN!
Hast du Lust, weitere Hafengeschichten von mir zu lesen? Dann schau doch mal in den zweiten und dritten Beitrag zu meinem Ostsee-Segeltörn 2023. Beide Berichte findest du unter den Links dieses Beitrags.
Ahoi und bis bald!
Links:
Kaufmannsladen auf Lyø (www.lyø-købmandsgaard.dk)