Mein erster Segeltörn als Skipper Teil 3 – Ostsee 2023 – Reiseabschluss und Lessons Learned
Im zweiten Teil meines Törn-Berichtes habe ich beschrieben, wie wir das Boot übernommen haben und die ersten Seemeilen gesegelt sind. Der Wind zwang uns zur Änderung unserer Kurspläne. Wegen Starkwind mussten wir einen ganzen Tag im Hafen verbringen. Und doch hatten wir bis dahin eine Menge Spaß und haben einiges gelernt. Nun setzen wir im dritten Teil unsere Reise fort. Wir kämpfen gegen Niedrigwasser und die Landabdeckung. Können wir die „Endless Summer“ komplett und unbeschädigt wieder abgeben und bekommen die Kaution zurück? Das erfährst du in diesem Blogbeitrag. Viel Spaß!
Mittwoch: Burgtiefe nach Orth – Unter der Brücke hindurch und rein ins flache Wasser
Nach einem Tag an Land konnten wir am Mittwoch endlich wieder zurück aufs Wasser. Südlich von Burgtiefe drehten wir ein paar Aufwärmrunden, dann setzten wir Kurs auf die Fehmarnsundbrücke. Diese Brücke wurde 1963 eröffnet und verbindet Fehmarn mit dem Festland. Sie ist 963 Meter lang, 21 Meter breit und besitzt eine lichte Höhe von 22 Metern. Für unseren Mast von 12,2 Meter also kein Problem.
Da unter der Brücke, vielleicht aufgrund des Wetters am Vortag, noch nicht viel los war, entschieden wir uns dafür, den Motor Ruhe zu gönnen und unter Segel hindurchzufahren. Mit einem Segelboot unter einer Brücke hindurch, das war für uns wirklich mal eine andere Perspektive. Wir wurden mit ein paar schönen Fotos als Erinnerung belohnt. Auf Halbwindkurs ging es weiter Richtung Westen bis zur Barke „Fehmarnsund 2 Westseite“. Von dort aus steuerten wir den Hafen Orth im Südwesten von Fehmarn an.
Über die Liegeplatzbedingungen hatten wir uns schon im Voraus informiert. Der Hafen hat eine von Norden nach Süden langgezogene Einfahrt mit Boxen auf der Westseite der Fahrrinne. Weiter hinten, im Hafen selbst, gab es noch mehr Liegeplätze für große und kleine Sportboote. Wir planten, in eine der westlichen Boxen einzulaufen. Bei 1,5 bis 2 Metern Wassertiefe laut Hafenbuch rechneten wir nicht mit Komplikationen.
Tatsächlich fanden wir auch relativ schnell eine freie Box, gleich hinter der Hafeneinfahrt. In die Box einzulaufen war kein Problem, zumindest bis der Tiefenmesser wie verrückt anfing zu piepen. Wie sich herausstellte, war auch hier der Wasserstand rapide gefallen. Der Wind hatte in den letzten Tagen schon aus unserem Heimathafen Burgtiefe einiges an Wasser herausgedrückt. Aber das hier war eine andere Nummer und es wurde eng unterm Kiel. Langsam und vorsichtig liefen wir in die Box ein, den Tiefenmesser immer im Auge. Wir haben dann ohne Grundberührung angelegt. Aber auf den Schreck brauchten wir erstmal ein Anlegerbier.

Der Hafen selbst hat uns gut gefallen, auch wenn der Weg zum Büro des Hafenmeisters eine kleine Weltreise bedeutete. Diese lag nämlich auf der östlichen Seite des Hafens. Da wir am vorderen westlichen Beginn der Einfahrt lagen, mussten wir einmal um das gesamte Hafenbecken herum laufen. Das Abendessen ließen wir uns dann im griechischen Restaurant „Taverne Syrtaki“ schmecken. Dieses können wir wärmstens empfehlen.
Donnerstag: Orth nach Burgtiefe – Tücken der Landabdeckung
Am nächsten Tag sollte unsere Reise wieder zurück nach Burgtiefe gehen. Zuerst hatten wir überlegt in Richtung Hafen Lippe zu segeln. Davon hielten uns allerdings gleich zwei Umstände ab. Zum einen lasen wir im Hafenführer, dass die Zufahrt regelmäßig ausgebaggert werden muss, weil sie schnell versandet. Daher ist die Wassertiefe der Fahrrinne unberechenbar. Von wenig Wasser unterm Kiel hatten wir erstmal genug. Zum anderen fand just an diesem Tag im Warngebiet Putlos eine Schießübung statt. Putlos befindet sich genau vor Lippe und der Hafen kann während der Übungen weder angelaufen noch verlassen werden.
Tipp Nr. 1
Informiere dich vorher über die herrschenden Bedingungen und aktuellen Ereignisse in deinem Segelrevier. Der Hafenmeister und das Internet sind hier die einfachsten Quellen. Schaue dir die Seekarten genau an. Lies über den Zielhafen vorab im Hafenführer nach.
Wir verließen den Hafen in Richtung Süden, wobei wir gegen den Südwind ankreuzen mussten. Das war zwar mühsam, bot uns aber auch die Möglichkeit, Wenden zu üben. Die Windsurfer vor den Häfen Orth und Lemkenhafen schienen die Segelboote dabei nur wenig zu interessieren. Für unseren Geschmack hätten sie ruhig etwas mehr Abstand halten können.

An der uns schon bekannten Barke „Fehmarnsund 2 Westseite“ angekommen, setzten wir Kurs nach Osten auf die Brücke zu. Wie am Vortag wollten wir diese unter Segel durchqueren. Direkt unter der Brücke gab es dann eine Schrecksekunde. Genau zwischen den Pfeilern bekamen wir die Landabdeckung ordentlich zu spüren. Uns wurde der Wind komplett aus den Segeln genommen, das Boot drehte sich unkontrolliert und trieb in Richtung des nördlichen Brückenpfeilers. Da hieß es ruhig bleiben, Motor an und aus der Gefahrenzone raus. Die Situation hat mir gezeigt, dass man einen kühlen Kopf bewahren muss, wenn es brenzlig wird.
Tipp Nr. 2
Wenn du in die Landabdeckung kommst, musst du jederzeit mit abnehmendem Wind rechnen. Halte dich bereit zur Not mit dem Motor nachzuhelfen.
Nach diesem Schrecken verlief der Nachmittag ohne große Zwischenfälle. Wir segelten noch ein paar Manöver südlich von Fehmarn und liefen dann in den Hafen Burgtiefe ein. Dort stellten wir erfreut fest, dass der Pegel so langsam wieder stieg.
Freitag: Burgtiefe – Spaß vor Fehmarn
Als wir am Freitagmorgen aus unseren Kojen schlüpften, hatte der Wasserstand im Hafenbecken wieder die normale Höhe erreicht. Am letzten Segeltag machte es für uns keinen Sinn, noch einen anderen Hafen anzulaufen. Daher beschlossen wir, einfach nochmal rauszufahren und vor Fehmarn so lange zu segeln, bis wir keine Lust mehr hatten. Diese Idee schienen auch viele andere Segler zu haben. An der Hafenausfahrt gab es jedenfalls ein ordentliches Gedränge.
Im Gegensatz zu anderen Skippern entschieden wir uns dafür, unter Motor zu fahren, bis wir die Westmole passiert hatten. In dem engen Fahrwasser ist das meiner Meinung nach die sicherste Entscheidung, vor allem, wenn es voll wird. Natürlich hat man unter Segeln die Vorfahrt und die Boote mit Maschinenantrieb müssen ausweichen. Das machte es einigen waghalsigeren Seglern leicht, mit vollen Segeln und auf Halbwind durch das Fahrwasser zu schießen, teilweise nur knapp an uns und anderen vorbei. Wir gingen auf Nummer sicher und ließen es langsam angehen. Hier würde mich deine Meinung interessieren. Vertraust du bei vielbefahrenem Fahrwasser lieber auf den Motor? Oder traust du dir zu, hier unter Segel zu fahren? Teile deine Erfahrungen gerne in den Kommentaren.
Südlich von Fehmarn setzten dann die meisten anderen Schiffe Kurs nach Süden in Richtung Lübecker Bucht. Damit hatten wir die südöstliche Wasserfläche für uns allein und versuchten nochmal, alles aus der Etap herauszuholen. Bei ordentlich Wind zwischen vier und fünf Beaufort hatten wir eine Menge Spaß.
Am Nachmittag stellten wir einen Riss im Vorsegel fest, allerdings an einer Stelle, die schon mehrmals geflickt worden war. Das ließ uns die restliche Segelzeit dann etwas langsamer angehen. Zurück im Hafen hieß es erstmal, den Treibstofftank wieder füllen und anschließend ein letztes Mal in die Box einzulaufen. Nachdem die „Endless Summer“ festgemacht war, besprachen wir das Problem mit dem Vorsegel gleich mit unserem Vercharterer. Er war wenig überrascht, die Fock hatte eben schon ein paar Jahre auf dem Buckel. Wir holten das Segel dann direkt runter, was für mich das erste Mal war, dass ich ein Segel auswechselte. Man lernt immer etwas dazu.

Tipp Nr. 3
Besprich große und kleine Probleme direkt mit dem Vercharterer. Es ist wichtig, hier ehrlich zu sein und sich auf Augenhöhe zu begegnen. Es wird ganz sicher niemandem der Kopf abgerissen.
Für den Rest des Tages hieß es Sachen packen. Das Schiff wurde in seinen ursprünglichen Zustand gebracht und wir versuchten so gut wie möglich, den restlichen Proviant aufzubrauchen. Den größten Teil unserer Ausrüstung verstauten wir schon im Auto. Am folgenden Tag musste die Bootsübergabe pünktlich abgewickelt werden, damit ich meinen Zug in Hamburg erreichen konnte. Den Abend verbrachten wir bei einem Bier auf Deck. Wir nahmen die Atmosphäre im Hafen ein letztes Mal in uns auf und schmiedeten Pläne für den nächsten Segeltörn.
Samstag: Bootsübergabe und Abfahrt
Am Samstag passierte nicht mehr viel. Wir räumten die letzten Sachen aus der „Endless Summer“ und übergaben sie an den Vercharterer. Die Kaution bekam ich komplett zurück und kündigte an, im nächsten Jahr wieder chartern zu wollen. Anschließend setzten wir uns ins Auto und verließen den Hafen von Burgtiefe in Richtung Hamburg.
Gutes, Schlechtes und der Traum vom eigenen Boot
Was ist nun das Fazit meines ersten Segeltörns als Skipper? Wenig lief genauso wie geplant. Die Routen, die ich mir vor der Reise ausgesucht habe, sind wir so gut wie gar nicht abgefahren. Die meisten Häfen, die ich sehen wollte, sind wir nicht angelaufen. Und doch war ich glücklich und zufrieden. Wir haben so viel erlebt, dass wunderschön war und uns Lust auf mehr gemacht hat. Mit den unvorhergesehenen Bedingungen umzugehen und sich darauf einzustellen war manchmal anstrengend aber immer auch interessant. Nichts ist befriedigender als eine Herausforderung, vor der man steht, selbstständig zu bewältigen. Und eines weiß ich jetzt: Solche Herausforderungen findet man beim Segeln zu Hauf.
Ich habe viel gelernt. Der Törn hat mir gezeigt, dass man so viele Segelkurse belegen und Scheine sammeln kann, wie man will. Doch alles zu können und zu wissen, auf alle Eventualitäten vorbereitet zu sein, das funktioniert nicht. Jedes Segelrevier ist anders. Jedes Segelboot hat seine Eigenheiten. Man steht immer vor neuen Herausforderungen, die einem bei den Ausbildungstörns nie ereilt haben. Auf dieser Reise waren das beispielsweise:
- die Bootsübergabe – worauf muss man achten, was lässt man sich zeigen?
- die An- und Ablegemanöver in Häfen, die man nicht kennt und unter Bedingungen, die man vorher nie hatte.
- das Arbeiten mit „nur“ zwei Mann an Bord – beim SKS-Praxistörn waren wir immer mindestens zu viert.
- das rechtzeitige Reffen – bevor der Wind zu stark wird, nicht erst mittendrin.
Durch diesen ersten eigenen Törn wurde ich in meiner Rolle als Skipper selbstbewusster. Mir wurde klar, dass man mit allen Widrigkeiten umgehen kann, wenn man nicht den Kopf verliert. Ich habe Lust auf mehr bekommen! Schon auf der Rückfahrt konkretisierte wir die Planung der nächsten Segelreise. Und ja, ich gebe es zu, wir hielten auch vorsichtig Ausschau nach einem eigenen Segelboot für zukünftige Abenteuer.
Damit endet mein Törn-Bericht für die Ostsee 2023. Ich hoffe, es hat dir gefallen und vielleicht auch die Lust geweckt, dich bald (wieder) auf das Wasser zu begeben. Wenn du Fragen oder Anregungen für weitere Blogartikel hast, schreibe diese gerne in die Kommentare.
Ahoi und bis bald!
Links:
Jejumi Wassersportschule & Charter (http://www.jejumi.de/)